VdS-Schadenverhuetung News

Leicht vermeidbare Schäden – vier Fallbeispiele

Brandursache: Bedienungsanleitung nicht gelesen (Auszug)

Autor: Dr. Jacob Duvigneau

Nach einem Urteil des Landgerichts Kleve (Az.: 5 S 48/06) musste die Besitzerin eines Mikrowellenherdes für den Schaden ihres in Brand geratenen Geräts selbst aufkommen, weil sie entgegen den Vorgaben aus der Bedienungsanleitung darin ein Körnerkissen bis zum Brand erhitzt hatte.[1] Im Urteil wurde sinngemäß ausgeführt, dass das Außerachtlassen konkreter Sicherheitshinweise einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls entspricht.

Zwar handelt es sich bei Gebrauchsanweisungen und Warnhinweisen des Herstellers nicht um „Vorschriften“ im Sinne eines gesetzlichen Regelwerks. Bleiben aber beim Betrieb eines technischen Geräts die in der Gebrauchsanweisung enthaltenen Warnhinweise unbeachtet und tritt dadurch ein Schaden ein, steht durchaus der Vorwurf einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls im Raum.[2] Die hier geschilderten Schadenbeispiele zeigen exemplarisch die Folgen missachteter Bedienungsanleitungen und entsprechende Reaktionen des jeweiligen Versicherers.

Fallbeispiel 1: Brand in der Restaurantküche

Der zugrundeliegende Schaden ereignete sich in der Küche eines kleineren Restaurants. Im Zuge von Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen sollte für den Küchenbetrieb des Restaurants eine Lüftungsanlage komplett neu installiert werden. Als diese abnahmebereit war, stellte man beim Probebetrieb nach kurzer Zeit fest, dass es aus der Anlage heraus rauchte, und nahm außerdem einen Knall aus dem Hohlraum der Luftheizung wahr. Die herbeigerufene Feuerwehr konnte den Entstehungsbrand rasch löschen.

Im Ergebnis der Untersuchung war festzustellen, dass der Schaden deshalb entstand, weil die aus Schaumkunststoff bestehende, unmittelbare Umgebung der Luftheizung aufgrund der Betriebswärme der Heizung pyrolisierte und schließlich in einen Glimmbrand versetzt wurde. Der Einbau der Luftheizung fand entgegen der unten zitierten Montagehinweise statt. So wurde zum einen nicht der geforderte Mindestabstand brennbarer Materialien zur Heizung eingehalten und beim Einbau wurde zum anderen nicht berücksichtigt, dass sich in der Einbaulage der Sicherheitstemperaturbegrenzer oben befinden muss.

Wie der Montage- und Betriebsvorschrift zu entnehmen ist, besitzen diese Geräte zwei Sicherheitskomponenten (einen Temperaturbegrenzer und einen Sicherheitstemperaturbegrenzer), wobei der Temperaturbegrenzer mit einem Bimetallschalter ausgestattet ist und bei 50 °C auslösen muss, während der Sicherheitstemperaturbegrenzer bei einer Temperatur von 120 °C auslösen muss. Der Sicherheitstemperaturbegrenzer schaltet nach Überschreiten der Auslösetemperatur, im Gegensatz zum Temperaturbegrenzer, nicht mehr zurück, sondern muss nach dem Auslösen manuell wieder eingeschaltet werden.

Unter der Überschrift „Montagehinweise“ ist festgehalten: „Die Einbaulage ist beliebig, jedoch ist darauf zu achten, dass sich der Temperaturbegrenzer oben befindet,
damit im Störungsfall die infolge Konvektion nach oben fließende Wärme erfasst werden kann.“ [...] „Zu brennbaren Materialien ist ein Mindestabstand von 150 mm einzuhalten.“

Weiterer Ablauf

Nachdem für die brandbetroffene Anlage noch keine Abnahme („Gefahrenübergang“) stattgefunden hatte, erwirkte der Restaurantbetreiber im Rahmen eines Rechtsstreits gegen den Generalunternehmer, dass die Zuluftanlage neu errichtet werden musste. Als dies geschehen war, erfolgte ein neuer Probebetrieb der Zuluftanlage, in dessen unmittelbarer Folge sich ein weiterer Brand ereignete. Wieder wurde die Feuerwehr alarmiert, die den Brand löschen konnte.

Brandermittlung an der (neuen) Luftheizung

Auf Basis des vorliegenden Spurenbildes am Schadenort war festzustellen, dass der Brand erneut von der im Deckenhohlraum installierten Luftheizung ausging. Alle Beobachtungen, Ermittlungsergebnisse sowie Schlussfolgerungen zum Schaden waren deckungsgleich zum ersten Brand in der Lüftungsanlage.

In der Gesamtschau war festzustellen, dass der Brand jetzt bereits zum zweiten Mal vom Heizregister ausging und keinerlei Hinweise auf einen defekten Heizstab (lokale Überhitzung) vorlagen, der Brand mithin wieder darauf zurückzuführen war, dass das Heizregister entgegen der zitierten Anleitung montiert wurde.

[…]

Fußnoten:
[1] www.anwaltseiten24.de/rechtsgebiete/verbraucherrecht/news/news/gebrauchsanleitunglesen-schadensanspruch-koennteerloeschen.html (Abrufdatum: 17.11.2020).
[2] BGH VersR 77, 465

Drei weitere Fallbeispiele lesen im kompletten Artikel von Dr. Duvigneau in Ausgabe 1/23 des s+s report.
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