
Teil 3: Einsatzgebiete, Technik und Konzepte
Neue Herausforderungen verlangen nach innovativen Lösungen
Seit der Entwicklung im 19. Jahrhundert legte der Sprinkler im 20. Jahrhundert eine beispiellose Karriere als Element des anlagentechnischen Brandschutzes hin. Für viele Gebäude wurde der Sprinkler wichtiges Element des Personenschutzes und oft Grundlage für den Risikotransfer der Versicherer.
Text: Frank Bieber, VdS Schadenverhütung GmbH, stellv. Bereichsleiter der Technischen Prüfstelle
Im 21. Jahrhundert sind Wasserlöschanlagen Bestandteil vieler Neubauprojekte. Beispielsweise sind Gebäude ab 22 m Höhe in der Regel mit entsprechenden Systemen auszustatten. Gerade in Hochhäusern, bei denen die Feuerwehr mit ihren Leitern von außen die höheren Etagen nicht mehr erreichen kann, können Sprinkleranlagen zu entscheidenden Lebensrettern werden. Brände werden früh detektiert und kontrolliert, bis die Feuerwehr den Brandherd erreicht hat.
Redundante Auslegung
Natürlich trägt hier auch der bauliche Brandschutz entscheidend zur Erreichung des Schutzzieles bei. Aufgrund der zentralen Bedeutung für die Sicherheit von Hochhäusern gibt es in den technischen Regelwerken besondere Anforderungen an die Verfügbarkeit der Anlagen. Der Ausfall einer Pumpe darf ebenso wenig die Wirksamkeit beeinflussen wie der Ausfall des Stromnetzes. Redundante Pumpen, Schaltschränke und Energiequellen sorgen dafür, dass die Anlagen möglichst 365 Tage im Jahr zur Verfügung stehen.
Die Anforderungen reichen aber noch weiter: Bei Hochhäusern über 60 m Höhe muss jede Etage von zwei verschiedenen Seiten eingespeist werden, sodass der Ausfall einer Steigleitung (z.B. im Wartungs- oder Sanierungsfall) keine Auswirkung auf die Anlagenverfügbarkeit hat. Und auch die Wartung der Alarmventile muss so erfolgen können, dass dabei die Wasserversorgung der Sprinkler sichergestellt ist.
Schutz für Regalsysteme

Im Industriebereich hat sich vermutlich der größte Wandel für Sprinkleranlagen ergeben. Wurde im 19. Jahrhundert fast ausschließlich direkt auf dem Boden gelagert, baute man später immer mehr in die Höhe. Regalsysteme hielten Einzug in die Logistik und Schadenfälle zeigten, dass ausschließlich klassischer Sprinklerschutz an der Decke nicht mehr ausreichte, um Brände zu bekämpfen.
Basierend auf Brandversuchen wurden 1971 bei VdS die sogenannten Regalsprinkler eingeführt. Regalsysteme konnten dann im Prinzip beliebig hoch gebaut werden, wenn in vorgegebenen, regelmäßigen Abständen Sprinkler im Regal angeordnet wurden. Heute gibt es Regalläger mit über 40 m Höhe, die noch nach dem gleichen Prinzip wie Anfang der 1970er-Jahre gesprinklert werden können.
Die Entwicklung blieb jedoch nicht stehen. Platz wurde immer kostbarer und so optimierte man immer mehr die Regalsysteme. Zunächst waren die Verkehrsflächen zwischen den Regalen breiter als die Lagerblöcke selbst, damit die Gabelstapler Platz zum Rangieren hatten. Mit zunehmender Optimierung und auch Automatisierung wurde der Anteil der Lagerfläche immer größer. In automatischen Kleinteilelägern oder Shuttleregalen können die Gänge auf unter einen Meter Breite schrumpfen.
Die Entwicklung der Regalsysteme zusammen mit der rasanten Verbreitung von Kunststoffbehältern als Ladungsträger stellte die Sprinkleranlagen vor enorme Herausforderungen. Konnte bei den ersten Regalanlagen der horizontale Abstand der Sprinkler noch auf über 3 m gestreckt werden, sind in modernen automatischen Kleinteilelägern teilweise Abstände von weniger als einem Meter erforderlich, um eine effektive Brandbekämpfung sicherzustellen. Und nicht nur das, es sind teilweise zusätzliche Sprinklerreihen an den Gangseiten erforderlich (sog. Face Sprinkler). Bei modernen Lagersystemen kann smit der Einsatz von mehreren tausend oder sogar über zehntausend Sprinklerköpfen erforderlich sein.
Die Verdichtung der Läger hat hier aber nicht aufgehört. Aktuell werden Kompaktläger realisiert, in deren Innerem es gar keine Gänge mehr gibt. Die Systeme werden durch Roboter entweder von oben oder von unten bedient. Da innerhalb der Blöcke eine Installation von Sprinklerköpfen praktisch unmöglich ist, stellen diese Systeme die Sprinklertechnik vor ganz neue Herausforderungen. Brandversuche haben gezeigt, dass Sprinkleranlagen durchaus in der Lage sind, auch Brände in diesen verdichteten Anordnungen zu bekämpfen. Die herbeigerufene Feuerwehr, welche die finale Löschung durchführt oder mindestens den Brandherd kontrolliert, steht vor enormen Herausforderungen, die einzelnen Lagerbehälter zu entfernen. Mit Hinblick auf Betriebsunterbrechung und Rauchschäden wird diese Entwicklungen von vielen Versicherern sehr kritisch gesehen. [1]
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Nachholbedarf in Deutschland
Im internationalen Vergleich könnte die Verbreitung der Sprinkler in Deutschland durchaus stärker sein. In Europa gibt es Länder, in denen deutlich mehr Sprinkler verbaut werden. Beispiel Norwegen, wo neue Wohngebäude mit mehr als zwei Etagen gesprinklert werden, in Schottland und Wales werden Seniorenheime gesprinklert und in Schweden alle Krankenhäuser.[2] Leider sterben jedes Jahr Menschen in sozialen Einrichtungen (2023: 193 Brände mit 305 Verletzten und 28 Toten[3]) und trotzdem gibt es keine Vorschriften, Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen mit Sprinkleranlagen auszustatten.
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ESFR-Sprinkler
In den 1980er-Jahren wurde in den USA ein neuer Sprinkler-Typ entwickelt, der aus der heutigen Logistikwelt nicht mehr wegzudenken ist: Der ESFR-Sprinkler (ESFR = Early Suppression Fast Response) kann durch sehr schnelle Auslösung einen Brand früh unterdrücken. Der erste ESFR-Sprinkler hatte einen K- Faktor von 14,0 GPM/√psi (Gallonen pro Minute durch Wurzel aus Druck in psi; metrisch ca. K-200; für die bessere Lesbarkeit werden im Folgenden metrische K-Faktoren ohne Einheit verwendet).[4] Der K-Faktor wurde somit doppelt so groß wie bei den derzeit üblichen „Control- Mode-Sprinklern“ mit K-Faktoren von 80 oder 115.
Mit diesen Sprinklertypen war es nun möglich, deutlich größere Lagerhöhen zu schützen, ohne Regalsprinkler installieren zu müssen. Auf der anderen Seite sind die Anforderungen an das Gebäude und die Lagerkonfiguration sehr hoch. Man sagt auch, dass bei ESFR- Sprinkleranlagen das Gebäude um die Sprinkleranlage geplant werden müsse. Deckenneigungen, Sprühbehinderungen oder RWA sind nur einige Punkte, denen hier sehr große Beachtung geschenkt werden muss. Auch die Lagerung selbst muss wichtigen Kriterien wie etwa der Bildung von Schächten zwischen Ladungseinheiten entsprechen.
Vor allem in den USA wird seit Jahrzehnten an dieser Technik geforscht und getestet, welche Konfigurationen noch beherrschbar sind und welche nicht. Dabei wurde durch Versuche auch festgestellt, dass als wirksam eingestufte Konzepte doch nicht funktionieren und zurückgezogen werden mussten. Sich immer wieder ändernde Randparameter spielen hier eine große Rolle. Beispielsweise enthalten Kartons aus Altpapier – die grundsätzlich gut durch Sprinkler zu schützen sind – heute durch die Recyclingprozesse deutlich mehr Kunststoff als noch vor einigen Jahrzehnten. Daher müssen immer wieder auch bestehende Konzepte auf den Prüfstand.
Seit den 1980er-Jahren gab es eine stetige Weiterentwicklung, und heute haben die größten ESFR- Sprinkler einen K-Faktor von 480. Wenn also ein Sprinkler öffnet und beispielsweise mit einem Wasserdruck von 9 bar durchströmt wird, gibt der Sprinkler ca. 1.500 l/min ab. Mit diesem Sprinklertyp ist es möglich, in Kartonage verpackte Kunststoffe über 15 m hoch zu lagern und dann nur mit Sprinklern an der Decke zu schützen.
[4]Der K-Faktor wird in Europa metrisch in (l/min)/√bar(Liter pro Minute durch Wurzel aus Druck in bar) angegeben. Der Umrechnungsfaktor beträgt ca. 14,4. So wird aus dem imperialen K-Faktor 14,0 in Europa in etwa der K-200. Auch bei Wasserraten in Gallonen pro Minute oder Wasserbeaufschlagungen in „Gallonen pro Quadratfuß und Minute“ ergibt sich oft eine mühsame Umrechnung der unterschiedlichen Einheiten. Es bleibt die Hoffnung, dass in weniger als 150 weiteren Jahren weltweit einheitlich das metrische System genutzt wird.
Konzepte für die Wasserversorgung
Die Entwicklung größerer Sprinkler mit höheren Wasserbeaufschlagungen hatte auch direkten Einfluss auf die Wasserversorgung der Anlagen. Bei den frühen Sprinkleranlagen entnahm man das Wasser einem Hochbehälter – der Druck am Sprinkler entstand also ausschließlich durch die geodätische Höhe der Wassersäule. Später hat man die Anlagen auch direkt an das öffentliche Wasserleitungsnetz angeschlossen. Dies ist in vielen Ländern der Welt – vor allem für kleine Anlagen – auch heute noch üblich.
In Deutschland ist diese Form der Wasserversorgung aus hygienischen Gründen nicht zulässig. Hierin liegt sicher auch einer der Gründe, warum in Deutschland Sprinkleranlagen in Wohngebäuden und Pflegeeinrichtungen wenig Verbreitung gefunden haben. In Deutschland sind nämlich in aller Regel für die Wasserversorgung ein oder mehrere Behälter mit einer oder mehreren Pumpen notwendig.
In der Sprinklerrichtlinie Form 155 aus dem Jahre 1968 gab es die Anforderung an die Sprinklerpumpe, dass diese mindestens 3.000 l/min bei 50 m WS (Meter Wassersäule) fördern können muss. Heute werden Anlagen installiert, bei denen die Förderleistung der Pumpe mehr als 15.000 l/min betragen muss.
Um diese Wasserraten zu realisieren, werden dann oft zwei Pumpen parallel betrieben. Der Leistungsbedarf der Pumpen kann über 500 kW betragen. Multipliziert mit der Betriebszeit von 60 Minuten, 90 Minuten oder auch mehr, ergeben sich Systeme, für die mehr als 1.000 m3 Wasser bevorratet werden müssen und dies ggf. redundant in zwei Behältern.
Schnell erklärt:
K-Faktor
Der K-Faktor beschreibt die Wasserausflussrate eines Sprinklers, genauer: die Menge Wasser, die bei einem Bar Wasserdruck pro Minute vom Sprinkler abgegeben wird. So bedeutet K 80 bei der Berechnung im metrischen System, dass der Sprinkler bei 1 bar Druck 80 Liter Wasser pro Minute liefert. Bei einem Wasserdruck von 2 bar sind es 113 Liter pro Minute, bei 0,5 bar sind es lediglich 57 Liter/Minute. Der Ausfluss (Q) lässt sich gemäß der Formel Q = K x √p für jeden beliebigen Druck (p) berechnen. Der K-Faktor ist eine konstruktive Eigenschaft des Sprinklers. Gängige Sprinkler weisen z. B. K-Werte von 57, 80 oder 115 auf, ESFR-Sprinkler bis K 480, Sprinkler in Hochdruck-Wassernebelanlagen teils unter K 2,0.
Halonverbot und Wassernebel
Eine komplett gegenläufige Entwicklung hat im Bereich der ganz kleinen Tropfen stattgefunden. Am 2. März 1989 beschloss die EU, die klimaschädigenden FCKW-Gase (Fluorchlorkohlenwasserstoffe) bis zum Ende des 20. Jahrhunderts zu verbieten. Daraufhin erließ die Bundesrepublik Deutschland am 1. August 1991 die FCKW-Halon-Verbots-Verordnung und schloss bis Ende 1994 den Ausstieg aus den vollhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen ab. Vor diesem Verbot waren Gas-Löschanlagen mit Halon als Löschmittel sehr beliebt in allen Bereichen, in denen Wasser als Löschmittel ungeeignet war.
Als Ersatz für die Halon-Feuerlöschanlagen suchte man nach Alternativen. Bei den Wasserlöschanlagen führte dies dazu, dass die schon seit Anfang der 1930er-Jahre bekannte Wasservernebelungstechnologie weiterentwickelt wurde. Anders als bei den ESFR-Sprinklern wird beim Hochdruck-Wassernebel (HDWN) mit sehr kleinen K-Faktoren (bis unter 2,0 metrisch!), aber dafür sehr hohen Drücken (80 bar und mehr am Sprinkler) gearbeitet. Inzwischen haben Systeme für die verschiedensten Anwendungsfälle (z.B. Garagen, Hotel, Büros, Maschinenräume, Kabeltunnel, Lackieranlagen, Transformatoren u. v. m.) ihre Wirksamkeit bewiesen und werden dort verwendet. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist diese Technik jedoch für große Lager- und Logistikbereiche nicht geeignet.
Erheblicher Wasserverbrauch
Bei der Bevorratung von 1.000 m3 Wasser und mehr stellt sich die Frage, ob dies im Hinblick auf die Nachhaltigkeit noch zu vertreten ist. Hierbei muss man mehrere Faktoren berücksichtigen. Zunächst muss das Wasser für Sprinkleranlagen nur einmal in die Vorratsbehälter eingefüllt werden und kann dann dort viele Jahre oder Jahrzehnte bleiben.
Die Regelwerke lassen es inzwischen zu, dass regelmäßig notwendige Kontrollen von Tauchern oder Tauchrobotern durchgeführt werden. Durch die frühe Aktivierung von Sprinklern und hierdurch die Begrenzung der Brandausweitung leistet man einen großen Beitrag zum Umweltschutz.
FM Global hat bereits 2010 Untersuchungen[5] durchgeführt und in weiteren Publikationen gezeigt, dass in gesprinklerten Gebäuden der Wasserbedarf um 50 bis 91 % geringer ist, als wenn ausschließlich eine manuelle Brandbekämpfung durch die Feuerwehr erfolgt.
Die Emission von Treibhausgasen kann um bis zu 97 % reduziert werden. Darüber hinaus wird die Bildung von toxischen Stoffen deutlich reduziert. Weitere Informationen finden sich in Publikationen der HOYER Brandschutz GmbH[6] und des bvfa[7].
[5] Quelle: FM Global Research Technical report – „Environmental Impact of Automatic Fire Sprinklers“ (March 2010) by Christopher J. Wieczorek, Benjamin Ditch & Robert G. Bill, Jr.
[6] Zum Quellverweis klicken Sie bitte hier.
[7] Zum Quellverweis klicken Sie bitte hier.
Herausforderung durch brennbare Flüssigkeiten
Durch die Weiterentwicklungen in der Industrie ergeben sich immer neue Herausforderungen. Ein weiteres Beispiel sind brennbare Flüssigkeiten, die weltweit in großen Kunststoffbehältern (IBC – Intermediate Bulk Container) mit einer Kapazität von üblicherweise 1.000 l transportiert und gelagert werden.
Bei diesen Behältern kann durch mechanische Beschädigung oder Brandeinwirkung schlagartig der gesamte Inhalt freigesetzt werden und dann Flüssigkeitslachen von mehreren hundert Quadratmetern Ausdehnung ergeben. Sollte sich diese Fläche in Brand setzen, ist eine Brandbekämpfung durch Wasserlöschanlagen kaum noch möglich.
Im Jahr 2020 wurden in Begleitung von VdS umfangreiche Brandversuche durchgeführt, um ein Schutzkonzept für diese Lagerung zu finden. Der Ansatz beruht dabei zum einen auf Flüssigkeitsriegeln (sogenannten FuelStops), die eine Bildung von großen Flüssigkeitslachen verhindern, und zum anderen werden schnell auslösende Sprinkler so installiert, dass sie den Bereich zwischen Regalen schnell mit einer Schaumschicht abdecken. Durch die Zertifizierung dieses Schutzkonzeptes[8] wurde ein weiteres Problem gelöst.
[8]Zum Quellverweis klicken Sie bitte hier.
Fazit
Wie dargestellt, ist die Sprinklertechnik heute aus der Welt des Brandschutzes nicht mehr wegzudenken. Immer wieder werden innovative Weiterentwicklungen präsentiert, die sich dann etablieren – oder wieder vom Markt verschwinden. Nur durch die – teilweise sehr kostenintensive – Forschung von Versicherungen, Herstellern und Errichtern können für neue Herausforderungen Lösungen gefunden werden.
Aber auch wenn regelmäßig durch Forschung und Versuche die Standards weiterentwickelt werden, so nehmen die Neuerungen im Bereich der Logistik, Architektur, Produktion und Chemie (zumindest gefühlt) exponentiell zu. Der Besuch auf Messen zeigt immer wieder Innovationen, für die man in den etablierten Standards und Normen zunächst keine Brandschutzlösungen findet. Es sind dann große Ingenieursleistungen am Schreibtisch und im Brandhaus notwendig, um neue Konzepte für den anlagentechnischen Brandschutz zu entwickeln.
Sprinkleranlagen mit Unterdruck im Rohr (sog. Vakuum-Sprinkler), elektronisch auslösende Sprinkler, drehzahlgeregelte Pumpen und fluorfreie Schaummittel sind nur einige Schlagworte, die deutlich werden lassen, dass die Sprinklertechnik auch nach 150 Jahren noch weiterentwickelt wird.
